Dissertation «Ordnungen schaffen? Daten in der Kunstgeschichte»

«Ordnungen schaffen? Daten in der Kunstgeschichte –
am Beispiel von Säulenordnungen»

Doktorarbeit ETH Zürich, 2015, DOI: 10.3929/ethz-a-010538703

Säulenordnungen sind das wichtigste formale Ausdrucksmittel der klassisch geprägten Architektur. In den 1970er-Jahren wurden erste informationstechnische Experimente zu den Säulenordnungen durchgeführt – seither ist das Thema ein bevorzugtes Gebiet von Computer-Anwendungen in der Kunstgeschichte ist. Denn insbesondere die Darstellungen von Säulenordnungen und die Anleitungen zu ihrer Konstruktion lassen sich vergleichsweise einfach in Daten übertragen und somit diversen Methoden der Bearbeitung oder Auswertung zuführen. Dabei werden Facetten der Ordnungen verschiedenartig durch Repräsentationsformen von Daten wiedergegeben: Die geometrische Konstruktion der Ordnungen lässt sich beispielsweise in Liniendarstellungen übertragen; die massenhafte Anwendung und weite Verbreitung der Ordnungen wird in Pixelbildern zugänglich gemacht; die fachliche Terminologie und die begriffliche Kategorisierung werden via Metadaten erfasst; die den Ordnungen zu Grunde liegenden Regeln werden in logischen Sprachen beschrieben.

Meine Doktorarbeit wertet Beispiele für den Einsatz von Informationstechniken in der Kunstgeschichte aus. Sie zeigt anhand von Projekten, wie die Verwendung des Computers in der Kunstgeschichte die gebräuchlichen medialen Praktiken des Abbildens und Beschreibens um digitale Repräsentationsformen ergänzt. Dabei bestimmen die Möglichkeiten digitaler Techniken die Verarbeitung von Daten, und die Methoden computergestützter Auswertung nehmen Einfluss auf die Wege der Erkenntnis. Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeiten stehen die Prozesse zur Übertragung des historischen Gegenstandes in Daten und deren Repräsentationsformen. Die dabei entstehenden digitalen Derivate sind Ergebnisse verschiedener Entscheidungen und technischer Abläufe und stehen in einem komplexen Verhältnis zur historischen Vorlage. Die Arbeit zeigt, wie sich die Verfügbarkeit des historischen Gegenstandes durch seine digitale Bearbeitung verändert und welche kunsthistorischen Arbeitsformen mit digital vorliegenden Repräsentationen bisher möglich sind. Dabei zeichnet sich in den untersuchten Bereichen eine Tendenz ab: Unter dem Vorzeichen des Vernetzens und des Bereitstellens von Quellen und Werken konvergieren digitale Repräsentationsformen auf deren Verfügbarkeit im Internet hin. Zugleich gewinnt das Thema der Regelhaftigkeit an Bedeutung – durch Fragen der formalisierten Erfassung und durch die Anwendung von Methoden der algorithmischen Analyse.

Neuere Publikationen zum Thema

«Serlio digital – Repräsentationsformen eines Säulenbuchs», in: Péristyl. Kunstgeschichte, bauliches Erbe und dekorative Kunst. Zeitschrift der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte.

«Aus antik mach digital! Säulenordnungen: Die Kunstgeschichte entdeckt Informationstechniken», Tagungsband: ‚Newest Art History‘ Wohin geht die jüngste Kunstgeschichte?, hg. von Verband österreichischer Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker, 2017, S. 181-199. Freier Zugriff unter: https://voekk.at/index.php/de/publikationen

Neuere Vorträge zum Thema

Die digitalisierte Säule. Vom Nutzen der digitalen Kunstgeschichte für die Erforschung der Säulenordnungen, Universität Freiburg, 14.7.2016.

Serlio digital. Was bei der Überführung eines Architekturtraktats in digitale Repräsentationsformen mit dessen Inhalt geschehen kann, Dritter Schweizerischer Kongress für Kunstgeschichte, Universität Basel, 23-25.6.2016.

Säulenordnungen – Experimentierfeld einer digitalen Kunstgeschichte. 4. Architekturtheoretisches Kolloquium der Stiftung Bibliothek Werner Oechslin, Einsiedeln, «ORDNUNG (Säulenordnungen) – Ordonner, ordonnancer». 16.–19.4.2015